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Zwei Jahre nach der Flut: Von Normalität kann noch lange keine Rede sein

Eine Zwischenbilanz nach den Zerstörungen an der Ahr und in der Eifel: Einige Sportstätten wieder aufgebaut - Erster Spatenstich für Vorzeigeprojekt - Schwimmer müssen warten
Viele Sportangebote können bisher nur in temporären Sportzelten, wie hier in Ahrweiler, stattfinden. Foto: Ahr-Foto Vollrath

90 betroffene Vereine in acht Sportkreisen, über 100 zerstörte Sportanlagen und Schäden von einem hohen zweistelligen Millionenbetrag: Dies war die erschreckende Bilanz der Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021. Auch zwei Jahre danach ist noch nicht überall Normalität eingekehrt. Wie ist die aktuelle Lage der Vereine? Welche Perspektiven können den sportbegeisterten Menschen in den betroffenen Regionen aufgezeigt werden? Und welche Auswirkungen hatte die Flut für den Sport in Rheinland-Pfalz insgesamt? Wir ziehen eine Zwischenbilanz.

Ahrtal in der öffentlichen Wahrnehmung dominierend

Sowohl in den Medien als auch bei potenziellen Spendern dominierte das Interesse am Ahrtal von Beginn an. Zugegeben, entlang der 68 rheinland-pfälzischen Flusskilometer waren auch rund die Hälfte aller Schäden an der Sportinfrastruktur zu verzeichnen. Doch auch in den sieben weiteren betroffenen Kreisen und Städten gab es punktuell große Verwüstungen. Von Gerolstein bis Trier und von Pronsfeld bis Miesenheim reichten die Auswirkungen des Unwetters über die gesamte Eifel. Wenngleich der Wiederaufbau dort vielfach geräuschlos angegangen wurde, so sind die Schäden noch nicht überall beseitigt. Die Präsidentin des Sportbundes Rheinland (SBR) Monika Sauer betont daher, dass der SBR alle betroffenen Vereine gleichermaßen unterstützt und verweist auf die zahlreichen Hilfsangebote, die in den vergangenen beiden Jahren unterbreitet wurden.

Viele Hürden für den Bau zukunftsfähiger Sportanlagen

Doch die Unterstützungsangebote konnten allenfalls die größten Nöte der Sportvereine abfedern und einen Beitrag zur Aufrechterhaltung des Trainingsbetriebes leisten. Denn der Wiederaufbau liegt mehrheitlich nicht in der Hand der Vereine, sondern der Kommunen als Eigentümer der Sportanlagen. Und so ist die Geschwindigkeit des Wiederaufbaus stärker abhängig von der Prioritätensetzung und den Planungskapazitäten der Kommunen als den finanziellen Mitteln. Haben die Kommunen, deren Sportstätten jetzt wieder bespielbar sind, einen größeren Einsatz für den Sport bewiesen? Nein, das wäre ein Trugschluss! So sind viele Kommunen, die gemeinsam mit den Vereinen ein Konzept für eine bedarfsgerechte Infrastruktur erstellt haben, noch nicht in der Umsetzung. Denn wo neue Ideen und Konzepte realisiert werden sollen oder eine Verlegung des Standortes in Betracht kommt, gilt es im Zweifel, Baurecht zu schaffen, zusätzliche Fördergelder zu akquirieren oder eine geeignete Fläche zu finden. Alles Prozesse, die fest definiert sind und keine Erleichterungen für den Wiederaufbau vorsehen. Und so konnte erst in dieser Woche der Spatenstich für das erste Kooperationsprojekt der SG Ahrtal in Insul fallen. Weitere werden hoffentlich in den nächsten Monaten folgen. Doch bis der Wiederaufbau aller Sportstätten abgeschlossen sein wird, werden noch mehrere Jahre vergehen.

Wiederaufbau wird noch mehrere Jahre dauern

Besonders lange werden wohl noch die Schwimmer im Ahrtal auf ein neues Hallenbad warten müssen. Mindestens noch fünf Jahre lautete die Prognose der Wiederaufbaugesellschaft der Stadt Bad Neuenahr beim vom SBR initiierten Runden Tisch „Schwimmen im Ahrtal“ im April dieses Jahres. Und auch andernorts ist noch nicht klar, wann es losgeht. Kommunen erhalten auf Ausschreibungen keine Angebote, der Fachkräftemangel und die große Nachfrage haben zu einem regelrechten Engpass an Handwerkern geführt. Mancher Verein würde daher gerne selbst Hand anlegen, doch dies ist in den Förderrichtlinien so nicht vorgesehen. Es gilt also weiter durchzuhalten und sich untereinander mit Trainingszeiten auszuhelfen.

Solidarität verhindert Vereinssterben

Jede Sportanlage, die wiederhergestellt wird, ist ein Beitrag zum Erhalt der Vereine und des sozialen Lebens in den Gemeinden. Darin sind sich Politiker und Sportler einig. Bis zum Jahresende sollen insbesondere die Schulsporthallen wieder nutzbar sein. Ein Hoffnungsschimmer vor allem für die Ballsportarten wie Basketball, Handball oder Volleyball, die in den temporären Sportzelten nicht spielen durften. Nun gilt es, die Hallenzeiten so zu verteilen, dass möglichst viele ihrem Sport nachgehen können. Die Vereine haben in den vergangenen Monaten bewiesen, dass sie zusammenrücken können. Diese Solidarität gilt es fortzuführen, damit möglichst viele Vereine überleben. Susanne Weber

Meilensteine des Wiederaufbaus

Wiederaufbaufonds sieht 100-Prozent-Förderung für zerstörte Sportanlagen, Sportgeräte und Einrichtungsgegenständen vor

Vereine sind immer dann antragsberechtigt, wenn sie Eigentümer von Sportgeräten oder Sportstätten sind und die Schäden nicht durch Dritte (z.B. Versicherungen) übernommen werden. Der Sportbund Rheinland (SBR) unterstützt die Vereine bei der Antragsstellung an die ADD. Vereine, die bisher keinen Antrag gestellt haben, können dies noch nachholen.

Große Spendenbereitschaft für betroffene Vereine aus ganz Deutschland.

Rund 463.000 Euro Spenden hat allein der SBR für die Bewältigung der Flut erhalten. Hinzu kommen zahlreiche Spenden, die die Vereine direkt erhalten haben, sowie Sachspenden. 140.000 Euro wurden bereits an die Vereine für die Beschaffung von Sportgeräten sowie die Instandsetzung von Sportanlagen ausgezahlt. Ebenso wurden temporäre Sportanlagen (z.B. Sportzelte) und die Miete für Wasserflächen finanziert. Mit den verbleibenden Mitteln werden unter anderem Erweiterungen im Zuge des Wiederaufbaus unterstützt.

Erfolgreicher Einsatz für den Wiederaufbau von Tennenplätzen als Naturrasen

Sportanlagen dürfen nach den aktuellen technischen Normen wiederaufgebaut werden, heißt es in der Verwaltungsvorschrift zum Wiederaufbau des Landes Rheinland-Pfalz. Erfreulich ist, dass auf Betreiben des Sports im Zuge des Wiederaufbaus die Umwandlung von Tennenplätze in Naturrasen und die Ausstattung von Flutlichter mit LED-Technik ermöglicht wurde, sofern sie durch die Flut zerstört wurden. Bei der Zusammenlegung von mehreren Sportanlagen kann beim Nachweis von mehr als 1.800 Nutzungsstunden sogar eine Umwandlung in einen Kunstrasenplatz erfolgen.

FVR-Stiftung finanziert neue Mini-Spielfeldern.

Der Wiederaufbau der Sportinfrastruktur wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, und es wird nicht an allen von der Flut zerstörten Standorten wieder ein Sportplatz aufgebaut werden können. Um kurzfristig Trainings- und Spielmöglichkeiten zu schaffen, hat „Fußball hilft!“, die Stiftung des Fußballverbandes Rheinland den Bau von mehreren Minispielfeldern mit 90.000 Euro gefördert. Die ersten Felder in Ahrweiler und Ahrbrück konnten Im Sommer 2022 eröffnet werde.

Bedarfsanalyse für den Wiederaufbau im Ahrtal vorgelegt.

Der Landkreis Ahrweiler hatte das Institut für Sportstättenentwicklung Trier, die Hochschule Koblenz und den Sportbund Rheinland mit der Durchführung einer Bedarfsanalyse für den Wiederaufbau im Ahrtal beauftragt. Im Februar 2023 wurden die Ergebnisse vorgelegt. Mit dem Sportstättenkattaster hat der Landkreis auch ein Instrument für die künftige Sportstättenentwicklung an die Hand bekommen.

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