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Sportstätten an der Ahr: Balanceakt zwischen Wunsch und Realität

Bedarfsanalyse an Landkreis Ahrweiler übergeben - 1:1 Wiederaufbau ist nicht bedarfsgerecht

Der Wiederaufbau der Sportstätten im Ahrtal schreitet bisher zu langsam voran und doch kann er zukunftsweisend sein. Wie das funktionieren kann, zeigt die Bedarfsanalyse zum Wiederaufbau der Sportanlagen an der Ahr, die das Institut für Sportstättenentwicklung Trier (ISE) und die Hochschule Koblenz gemeinsam mit dem Sportbund Rheinland (SBR) durchgeführt haben. Am 23. Februar präsentierten sie ihre Ergebnisse dem Sportausschuss des Landkreises Ahrweiler. Rund ein Jahr hatte das Team in Nutzergesprächen mit Sportvereinen, Schulen und Kommunen die Anforderungen an die künftige Sportinfrastruktur erhoben, Gespräche mit Verwaltungsbehörden geführt und die Planungen vor Ort begleitet.

Veränderte Bedarfe berücksichtigen

Nicht nur mit Blick auf den Hochwasserschutz, sondern auch aus sportfachlichen Aspekten sollten nicht alle Sportanlagen identisch wieder aufgebaut werden, so ein zentrales Ergebnis des Berichts. Veränderte Sportangebote, Mannschaftszahlen und technische Entwicklungen sollten aus Sicht der Experten möglichst in die Entscheidungen der Kommunen mit einfließen. „Aber nicht jeder Wunsch ist fachlich zu begründen“, schränkt Stefan Henn (ISE) mit Blick auf die durchgeführten Berechnungen ein. In der Analyse ging es jedoch nicht nur um Erweiterungen und Verbesserungen. „Vielfach werden auch Kooperationen angestrebt. Ein Beispiel ist der gemeinsame Bau eines Kunstrasenplatzes durch die Gemeinden Schuld, Insul und Dümpelfeld. Aus Sportfachlicher Perspektive hat dieses Projekt Vorbildcharakter“, so Henn. Ein Projekt, was auch mit Blick auf Bau und Betrieb Synergie verspricht. „Bei solchen Kooperationsprojekten sind in den einzelnen Kommunen zusätzlich niedrigschwellige Bewegungsflächen zu schaffen“, fordert Prof. Lutz Thieme (Hochschule Koblenz) mit Blick auf die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung.

Ausweichflächen und Schwimmbadsituation aktiv angehen

Auch die Schwimmbadsituation sowie die Instandsetzung von Sportanlagen der Höhengemeinden, die betroffenen Vereinen seit der Flut Trainingsflächen zur Verfügung stellen, wurden in den Blick genommen. Da Ausweichplätze aktuell einer höheren Abnutzung unterliegen, wird eine Wiederherstellung empfohlen. Dies trage zu einem Erhalt der Attraktivität der Höhengemeinden bei und verhindere Abwanderungstendenzen, heißt es im Bericht.
Der Zeitpunkt des Wiederaufbaus eines Hallenbades in Bad Neuenahr-Ahrweiler ist noch nicht absehbar. Hier sehen die Experten Handlungsbedarf und empfehlen, dass Kommunen, Kreis und Land das Thema gemeinsam angehen sollten. Weiterhin wird angeregt die Schaffung dezentraler Lehrschwimmbecken zu prüfen.

Koordination als Erfolgsformel

Mit Übergabe der Bedarfsanalyse endet auch die Beauftragung durch die Kreisverwaltung Ahrweiler. SBR-Präsidentin Monika Sauer hat Sportvereine und Kommunen per Brief informiert. „Auch eineinhalb Jahre nach der Flut lassen wir Sie nicht allein“, schreibt Sauer und skizziert die Unterstützungsleistungen, die auch weiterhin angeboten werden (siehe Kasten). Dabei ist es Sauer wichtig, dass der Sport weiterhin aktiv eingebunden wird, um Spendenmittel bedarfsgerecht einzusetzen bzw. fachlich in den Projekten zu unterstützen. „Gerade mit Blick auf die Fördermittelvergabe und die Anforderungen an den Wiederaufbau konnten wir bereits einige Lösungen erzielen. Gleichzeitig sind die Komplexität der Verfahren und Unklarheiten zur Förderfähigkeit zwei Gründe, warum der Wiederaufbau doch aus Sicht der betroffenen Vereine zu langsam voranschreitet“, beschreibt Sauer die Situation im Sport.

Erkenntnisse, die auch die Experten in der Bedarfsanalyse machen mussten. „Wichtig wäre es aus den Erfahrungen für zukünftige Katastrophen zu lernen“, meint Prof. Lutz Thieme. Deshalb sind in der Bedarfsanalyse auch Anregungen zu finden, wie man Prozesse besser gestalten könnte. Ein koordiniertes Auftreten der Behörden sowie eine zentrale Koordination sind zwei Anregungen, mit denen ein besserer Wissens- und Erfahrungstransfer erreicht werden könnte.

Wiederaufbau muss an Fahrt gewinnen

Nun gilt es aber erst einmal die Ergebnisse der Bedarfsanalyse umzusetzen. „Ziel muss es sein, in den einzelnen Projekten zügig Klarheit über Standortfragen und Fördermöglichkeiten zu erhalten, um dann die Anträge einzureichen“, fasst Susanne Weber, stellvertretende Geschäftsführerin des Sportbundes Rheinland die aktuelle Herausforderung zusammen. „Gerne leisten wir unseren Beitrag, damit der Wiederaufbau an Fahrt gewinnt. Daneben werden wir aber auch eigene Impulse setzen, z.B. mit einem Runden Tisch zur Schwimmsituation“, beschreibt die Ansprechpartnerin ihre künftige Rolle im Wiederaufbau.

So unterstützt der Sport die betroffenen Vereine:

  • Förderung von erhöhtem Trainingsaufwand für Fahrtkosten oder Mieten mit bis zu 500 Euro pro Monat
  • Unterstützung bei der Antragsstellung an den Wiederaufbaufonds für den Wiederaufbau und die Ersatzbeschaffung von Sportgeräten
  • Spendenvergabe für temporäre Maßnahmen sowie Erweiterungen beim Wiederaufbau
  • Sportfachliche Beratung und Beratung zu Fördermitteln
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