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Der Teamplayer Eric Jelen

Der Trierer Davis-Cup Gewinner Eric Jelen bildet heute den Nachwuchs aus
Eric Jelen gewann im Team zwei Mal den Davis-Cup. Seinen einzigen Sieg in der ATP-Tour im Einzel feierte er bei einem Turnier in Brisbane. Obwohl ihm der große Durchbruch verwehrt blieb ist er mit seiner Karriere zufrieden. Foto: SBR Archiv
Mit einem Aufschlag kann Eric Jelen Sportgeschichte schreiben. Es ist das entscheidende Spiel beim Davis-Cup Finale 1988. Das deutsche Doppel Eric Jelen und Boris Becker hat gegen Schweden den Matchball. Jelen steht an der Grundlinie, tippt den Ball auf den Boden, wirft ihn hoch und schlägt. Der Ball landet im Aus. Der zweite Aufschlag bringt auch nicht das erhoffte Ass, der Schwede Edberg kann mit der Rückhand abwehren. Doch am Netz ist Becker zur Stelle und markiert mit einem Rückhand-Volley den entscheidenden Punkt. Deutschland hatte zum ersten Mal den Davis Cup gewonnen. „Es gab in Deutschland eine unheimliche Hysterie und Begeisterung. Tennis war damals so populär wie Fußball“, erinnert sich Jelen an die Reaktionen in der vom Tennisfieber befallenen Heimat. Der Davis-Cup entsprach der Mannschafts-Weltmeisterschaft im Tennis und Jelen war Teil des Teams, welchen den Pokal zum ersten Mal in die Bundesrepublik holte. Ein Reigen von Interviews und Empfängen knüpfte an. In seiner Heimatstadt Trier spendierte eine Konditorei eine Riesentorte in Form der Davis-Cup Trophäe. In der ältesten Stadt Deutschlands begann Jelens Weg im Alter von fünf Jahren auf den Plätzen der Tennisgemeinschaft Trier. Der heute als Tennisclub Trier bekannte Verein ist in der Nachwuchsarbeit sei jeher aktiv. Dreißig Jugendmannschaften eifern heute dem Aushängeschild Jelen nach. Der Weg von Trier an die Weltspitze Das Talent für den Schläger bekam Jelen in die Wiege gelegt: Seine Mutter war ebenfalls eine erfolgreiche Spielerin und auch seine erste Trainerin. Sein Vater erinnert sich an den Eifer des kleinen Eric: „Wenn kein Training stattfand spielte er stundenlang gegen die Wand. Ohne Tennis war er nicht derselbe.“ Um den Ehrgeiz zu befriedigen fuhren die Eltern zu Jugendturnieren und pendelten beinahe täglich zum Verbandstraining nach Saarbrücken. Um einen Schulabschluss mit dem Tennissport zu verbinden, wechselte er in das Tennisinternat des Heinrich-Heine-Gymnasiums Kaiserslautern. Jelen weiß, wer ihm den Weg in den Leistungssport ebnete: „Am wichtigsten waren meine Eltern, die mir anfangs alles ermöglicht und bezahlt haben.“ Auch Ole Palmer wurde von den Eltern finanziert. Nach der Schule begann Jelen mit dem schwedischen Trainer zu arbeiten. Zu dieser Zeit stand Jelen vor dem Scheideweg: Wenn er den Sprung in den Profisport nicht schafft, hätte er sich auf eine Berufsausbildung konzentrieren müssen. Palmer arbeitete hart und diszipliniert mit seinem Schüler, sodass sich erste Erfolge bald einstellten. Drei Deutsche Hallenmeister und fünf Mannschaftsmeister Titel sind Jelens erste Ausrufezeichen und bringen ihn auf den Zettel von Davis-Cup Teamchef Nikola Pilic. 1986 hatte er bei einem Relegationsspiel um den Verbleib in der ersten Gruppe seinen ersten Einsatz. Im Team mit Boris Becker wurde Ecuador mit fünf zu null besiegt. Fortan war der Trierer in der Mannschaft gesetzt. Teil der goldenen Generation Jelen hatte das Glück, Teil einer goldenen Generation im Deutschen Tennis zu sein, gemeinsam mit Ausnahmeathleten wie Boris Becker oder Steffie Graf. War diese Generation Produkt des Zufalls oder Ergebnis einer zielstrebigen Förderung? Jelen sieht beide Faktoren als wichtig an „Es ist wie ein Puzzle, bei dem alle Stücke zusammen gepasst haben. Natürlich war die Förderung gut, aber dass man zwei Weltklassespieler zur gleichen Zeit hat, ist Glück. Dass kann man nicht einfach auf Knopfdruck wiederholen." Doch der Erfolg erklärt sich nicht nur in der Klasse der Einzelspieler, sondern vor allem durch die Einheit in der Mannschaft: "Charlie Steeb, Patrick Kühnen und ich sind zu einem richtig guten Team um Boris gewachsen. Wir haben uns sehr gut verstanden und mit Nikola Pilic leitete uns ein klasse Kapitän an.“ Der Schlüsselmoment für die deutsche Equipe war 1987 die legendäre „Schlacht von Hartford“, ein hart umkämpftes Relegationsspiel gegen die USA. „Gegen Tim Mayotte habe ich damals mein härtestes Match gespielt, auch weil es um so viel ging. Hätten wir verloren wären die Jahre danach sicherlich anders verlaufen.“ Als Außenseiter rang er den Amerikaner sensationell nieder. Deutschland gewann letztendlich, dank Jelen und Becker. Im Jahr 1989 war das große Ziel die Titelverteidigung in Stuttgart „Vor heimischen Publikum war das eine riesen Stimmung“, so Jelen, der wie schon im Jahr zuvor mit Becker im Doppel entscheidende Punkte gegen Schweden sammelte. „Die Titelverteidigung war etwas Besonderes, da es uns als bestes Team der Welt bestätigte.“ Jeder steht da wo er hingehört Trotz Erfolg und Trubel blieb der Trierer stets auf dem Teppich. Die Wochenzeitung „Zeit“ porträtierte ihn 1991 als "Der Dritte Mann" hinter den Stars und stellte fest: „Ein Sportler der in fast provozierender Weise in sich gekehrt war“. Er war ein Teamplayer, in der Mannschaft blühte er auf und absolvierte seine besten Matches. „Es hat mir mehr Spaß gemacht im Team zu spielen“, erklärt Jelen. „Da fiel es mir auch leichter, mich zu motivieren.“ Seine Wichtigkeit für das Team erkannte auch Star und Doppelpartner Boris Becker in einem Interview mit der FAZ: „Ohne ihn hätten wir nie zweimal den Davispokal gewonnen“. Bis zu seinem Karriereende 1992 spielte er noch für die deutsche Auswahl. Als Individualist blieb ihm der große internationale Durchbruch allerdings verwehrt. Auf der ATP-Tour gelang ihm ein einziger Sieg in Brisbane 1989, seine höchste Platzierung auf der Weltrangliste war Rang 23. In dem Porträt der „Zeit“ sagt Jelen über seine Karriere: „Jeder steht da, wo er hingehört.“ Ein Satz, den er auch heute noch unterschreiben würde. „Ich finde manche Leute machen es sich zu einfach indem sie sagen: Wenn ich mehr gemacht hätte wäre ich besser gewesen.“ Es grämt ihn auch nicht, dass manche Leute meinen, er selbst hätte viel mehr erreichen können. „Vielleicht haben da andere Sachen gefehlt. Ich bin zufrieden mit dem was ich erreicht habe und das ist mir das Wichtigste.“ Anfang März feierte er seinen fünfzigsten Geburtstag. Jelen arbeitet mittlerweile mit dem Nachwuchs bei dem Tennisverband-Niederrhein. Vielleicht gelingt es ihm, die nächsten deutschen Davis-Cup Sieger auszubilden. Was er ihnen auf jeden Fall beibringen wird, ist Teamgeist. Text: Felix Schönbach
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