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Das Virus mit den vielen Baustellen

Web-Seminar des SBR sensibilisierte für den richtigen Sport in Zeiten von Corona
Foto: LSB RLP/iStock/barsik

„Genesen heißt nicht unbedingt genesen!“ Professor Dr. Wilhelm Bloch, Leiter der Abteilung für molekulare und zelluläre Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule Köln, brachte es gleich zu Beginn des Web-Seminars des Sportbundes Rheinland auf den Punkt. Seine Aufgabe war es, Übungsleiter*innen und Trainer*innen für den Umgang mit Sportler*innen zu sensibilisieren, die an SARS-CoV-2 erkrankt waren. Dabei verabreichte Bloch den mehr als 30 Teilnehmenden alles andere als „Schonkost“. Er präsentierte neueste wissenschaftliche Studien über die Gefährlichkeit des Virus, seine Angriffsflächen im Körper, um schließlich zu der Aussage zu gelangen: „Covid 19 ist keine Grippe, das Virus macht viele Baustellen auf.“

Bei Covid 19 handele es sich um eine „Multiorganerkrankung“, bei der je nach Schwere des Verlaufs Herz, Niere, Lunge und Gehirn betroffen sein können. Dabei sollte die Gefährlichkeit des Virus nicht allein nach dem Prozentsatz der Todesfälle beurteilt werden. „Spät- und Langzeitschäden sind zu erwarten. Die Frage ist nur, wie häufig dies zukünftig der Fall sein wird“, sagte der Sportmediziner und ermahnte eindringlich, das Infektionsrisiko verantwortlich einzuschätzen, denn: „Das Virus kann auch Sportlerkarrieren beenden.“

Umgekehrt sei gerade Sport die beste Prävention gegen eine Corona-Erkrankung: „Sportler sind gut gewappnet, weil sie auch ihr Immunsystem trainieren. Sie haben in der Regel wenig Fettgewebe, was als Infektions-Treiber gilt.“ Besonderes Augenmerk richtete Bloch in dem Webseminar auf Sportarten, die mit einem hohen Atemzugsvolumen einhergehen. Die Gefahr einer Lungeninfektion sei hier um ein Vielfaches erhöht. Für Training und Wettkampf im Außenbereich stufte Bloch das Risiko jedoch als „extrem niedrig“ ein.

Schließlich lenkte der Sportmediziner den Blick auf die Tücken der Covid 19- Erkrankung und berichtete von einer 23-jährigen Eliteläuferin, der circa vier Wochen nach der Infektion die volle Sporttauglichkeit attestiert wurde. „Sie klagte plötzlich über Kurzatmigkeit beim Aufstehen und beim Zubettgehen. Beim lockeren Radfahren hatte sie einen 170er Puls.“ Der Rat von Bloch an die Übungsleiter*innen: „Nach jetzigem Wissenstand muss die volle Sporttauglichkeit in der Folgezeit kontrolliert werden, da auch bei asymptomatischen und milden Verläufen Spätschäden möglich sind.“

Für die Trainingswissenschaft bleibt angesichts von Corona ein breites Betätigungsfeld, insbesondere für den Umgang mit Long Covid-Patienten im Reha-Sport. Einig waren sich am Ende alle Teilnehmen des Web-Seminars: Auch nach Öffnung der Sportstätten wird das Virus den Vereinsalltag bestimmen.

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