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„Wichtig ist, dass trainiert wird“

Rund 90 Prozent der deutschen Bevölkerung hat mindestens einmal im Leben Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, rund die Hälfte gibt sogar an, im letzten Jahr darunter gelitten zu haben. Das sind Ergebnisse einer aktuellen Studie.
Foto: Dominik Stuntz (SBR)

Allein diese Zahlen zeigen schon die Relevanz des Themas „gesunder Rücken“ beim diesjährigen Special Gesundheitssport des Sportbundes Rheinland (SBR). Referent Thorsten Becker Agelidis referierte in zwei kurzweiligen Vorträgen über Trainingsempfehlungen bei Schmerzen in der Lenden- und Halswirbelsäule.

„Unser Special Gesundheitssport findet nun bereits zum achten Mal statt und ist ein richtiges Erfolgsmodell“, freute sich SBR-Präsidentin Monika Sauer in ihrer Begrüßung der über 200 Teilnehmer*innen im Audimax der Hochschule Koblenz, bevor sie das Wort an Thorsten Becker Agelidis übergab.

Der startete gleich mit alarmierenden Zahlen zum Thema: „Die Kosten für Rückenschmerzen belaufen sich in Deutschland auf rund 50 Milliarden Euro im Jahr.“ Damit sind Rückenschmerzen die teuerste Krankheit sowohl in Deutschland als auch in anderen westlichen Industrienationen. Aber der Biomechaniker hatte auch gute Nachrichten: Mit Sport und Bewegung können die Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule effektiv reduziert werden. „Wichtig ist, dass trainiert wird, und weniger, was genau trainiert wird“, erläuterte der Physiotherapeut und Biomechaniker, dass die Form des Trainings kaum Einfluss auf die Schmerzminderung hat. Dabei warb er auch für asymmetrische und dreidimensionale Übungen, denn „unsere Bewegungen im Alltag sind auch dreidimensional und asymmetrisch.“

Für Bewegung und Praxiserfahrung in der Pause sorgten zwei Schülerinnen von Thorsten Becker Agelidis, die ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin am Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein (GKM) absolvieren. Mit verschiedenen Übungen kontrollierten Sie die motorische Funktionalität der Lendenwirbelsäule der Teilnehmer*innen, was auf reges Interesse stieß.

Im Anschluss widmete sich Thorsten Becker Agelidis den Trainingsempfehlungen bei Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS). „Die HWS erlaubt Bewegungen in drei Ebenen. Dies sollte sich auch im Training widerspiegeln“, erklärte der Leiter der Physiotherapieschule am GKM. Da verschiedene funktionelle Defizite zu unspezifischen Nackenschmerzen führen können, empfiehlt er einen methodischen Trainingsaufbau in insgesamt vier Stufen.

Bei akuten oder chronischen Schmerzen sollten zunächst Übungen mit niedriger Intensität zur Verbesserung der motorischen Kontrolle durchgeführt werden. „Dabei ist ein schmerzfreies Durchführen der Übungen wichtig“, gab Becker Agelidis noch einen wichtigen Hinweis. Erst danach kann in den nächsten Stufen an der statischen und dynamischen Stabilität der Halswirbelsäule gearbeitet werden. Für Personen, die im Alltag ein höheres Leistungsniveau benötigen oder Sportler, wie Boxer oder Rennfahrer, ist in der vierten Stufe auch ein reaktives Krafttraining besonders wichtig.

Becker Agelidis verstand es immer wieder, komplexe wissenschaftliche Erkenntnisse mit anschaulichen Beispielen für alle verständlich zu erläutern. So lernten die Teilnehmer*innen beispielsweise, dass entgegen dem allgemeinen Glauben muskuläre Dehnungen der Kräftigung hinsichtlich Schmerzreduktion der HWS unterlegen sind und Massagen bei einem „steifen oder verspannten Nacken“ nicht empfohlen sind. Für die teilnehmenden Übungsleiter*innen hat sich der Besuch der kurzweiligen Veranstaltung auf jeden Fall gelohnt. Neben den neuen Informationen präsentierte der Referent auch viele anschauliche Übungsbeispiele, die gut in den Trainingsalltag eingebunden werden können.

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